Eure Stimme für den Schulsport ist in Sachsen nichts Wert?!
| Nach Eurer überwältigenden Unterstützung unserer am 6. März 2018 gestarteten Petition „Für eine bewegte Schulzukunft unserer Kinder und Jugendlichen“ haben wir diese am 13. April 2018 im Sächsischen Landtag eingereicht. Mit ihrer Dimension von 29.535 Unterzeichnern nach nur 4 Wochen, welche zum Vergleich sogar die Einwohnerzahl von fast allen sächsischen Kreisstädten (z.B. Meißen) übertreffen würde, hat unser Anliegen in Sachsens Petitionshistorie eine besondere Stellung.
Seitdem ist viel Wasser die Elbe hinabgeflossen – außer einer Eingangsbestätigung haben wir nichts mehr aus dem Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages gehört. Allein ein Aktenzeichen und die Bitte von Nachfragen abzusehen, wurden uns übermittelt.
Währenddessen nutzte jedoch die Exekutive, das Sächsische Kultusministerium die Zeit, um kurz vor den Sommerferien 2018 noch Tatsachen zu schaffen. Im Zuge des so genannten „Handlungsprogrammes zur Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen“ wurde eine veränderte Stundentafel ab dem Schuljahr 2019/2020 angekündigt. Darin findet sich auch eine Kürzung des Schulsports in allen Schularten wieder.
Die bei der Petitionsübergabe von allen politischen Lagern zugesagte breite Aussprache zur Thematik im parlamentarischen Rahmen hat bis heute nicht stattgefunden. Erst durch einen telefonischen Hinweis am Dienstag, den 29.01.2019, erfuhren wir, dass der Sächsische Landtag unsere Petition am Mittwoch, den 30.01.2019 in seiner 86. Plenarsitzung ohne weitere Anhörung und Prüfungsschritte ablehnen wird. Unsere Internetrecherche am besagten Tag bestätigte dies (siehe TOP 20, zum Nachlesen hier klicken, S. 23, Stand: 31.01.2019). Eine Bestätigung von offizieller Seite steht weiterhin aus.
So geht sächsisch?! Neben der inhaltlichen Bagatellisierung unseres Anliegens und den praxisfernen Argumentationslinien von nichtgenannter Quelle in der Drucksache 06/02184/4 ist die -en bloc- Ablehnung unseres Anliegens, im Rahmen aller anderen Petitionen an diesem Tag, zu hinterfragen. Diese Vorgehensweise spiegelt auch der 15. Platz im Ranking (S. 19, 48, Stand: 31.01.2019) des Petitions-Atlas 2018 von openPetition wieder.
Eure Stimmen müssen es wert sein und sind es wert, angehört zu werden!
Im Zeitalter der neu postulierten Gesprächskultur zwischen Politik und Bürgern in Sachsen ist dies eine Minimalforderung, die durch Euch/uns eingefordert werden muss.
Erhebt Eure Stimme. Schreibt unter dem Betreff Drucksache 06/02184/4 an den Sächsischen Ministerpräsidenten Herrn Kretschmer, der selber seinen Schwerpunkt auf dem Feld des gesellschaftlichen Zusammenhalts sieht und dazu sagt: „Ich will die Menschen in Sachsen aktiv ermuntern, ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten wahrzunehmen und sich freiwillig zu engagieren.“ (Quelle, Stand: 31.01.2019). Nehmt ihn beim Wort und engagiert Euch mit Eurer Anfrage an ihn für die bewegte Schulzukunft unserer Kinder und Jugendlichen.
Unter folgendem Link findet ihr ein formloses Beispielschreiben.
3 Comments
Schade. Wenn man das liest, dann scheint Hopfen und Malz wirklich verloren zu sein. Aber war es tatsächlich so schwarz-weiß?
Im März berichten Medien über die geplante Stundentafelkürzung in den Fächern Sport, Musik und Kunst (z.B. hier: https://www.saechsische.de/sparen-an-schulstunden-3894480.html). Das Kultusministerium sieht vor, die dritte Sportstunde in allen Schularten und Klassenstufen zu streichen. Damit fallen in der Grundschule pro Schuljahr eine Stunde weg, also insgesamt vier; an der Oberschule pro Schuljahr eine Stunde, also insgesamt sechs. Und am Gymnasium in den Klassen sieben bis zehn nochmal eine Stunde, also insgesamt ebenfalls vier. In Summe 4+6+4 insgesamt 14 Stunden.
Von den Landtagsfraktionen gibt es Kritik, von Eltern- und Schülerrat – und natürlich vom Sportlehrerverband. Binnen kürzester Zeit kommen die knapp 30.000 Unterschriften für die Petition zusammen, ein tolles Signal. Im April wird die Petition im Landtag übergeben. Im Mai und Juni finden Gespräche zwischen den Fraktionen und dem Sportlehrerverband statt. Auch das Kultusministerium meldet sich. Solange die Gespräche laufen, wird die Petition nicht abgeschlossen.
Ende Juni korrigiert das Kultusministerium seine Pläne. Es bleibt bei der Stundentafelkürzung – aber anders als im März geplant werden alle Fächergruppen einbezogen. Auch diese Kürzung geht am Sport nicht spurlos vorüber: In der Grundschule wird eine Stunde in Klassenstufe vier gestrichen. In der Oberschule je eine Stunde in den Klassenstufen sieben bis zehn (also insgesamt vier) und im Gymnasium – um den Gleichlauf mit der Oberschule zu erreichen – eine Stunde in der Klassenstufe sieben. Macht 1+4+1 insgesamt 6 Sportstunden in allen Schularten. Vorher 14, nachher 6.
Die überarbeiteten Pläne werden im Juni vorgestellt. Nach den Sommerferien nimmt der Petitionsausschuss seine Arbeit an der Petition wieder auf. Ein Bericht wird geschrieben, kommt im Herbst auf die Ausschusstagesordnung und wird dann zwei Monate später an das Plenum übergeben. Das beschließt Ende Januar.
Soweit die Geschehnisse. Dass der formale Umgang des Petitionsausschusses mit dieser Petition viele Fragezeichen entstehen lässt, ist mir klar. Es wäre klüger, bei solchen Themen, die viele bewegen, anders zu agieren: Die Petenten einzuladen. Eine Anhörung durchzuführen. Mit Zwischennachrichten zu arbeiten. Den abschließenden Bericht ausführlich zu gestalten. Hier ist der Ausschuss leider ein Gefangener seiner Regularien und kann aus diesem Beispiel viel über die Verbesserung seiner Arbeit lernen.
Aber ist „Eure Stimme für den Schulsport in Sachsen“ wirklich „nichts wert“? Ich denke, der Verband hat eigentlich allen Grund, stolz auf diesen Erfolg zu sein. Innerhalb kürzester Zeit konnte er zehntausende Menschen mobilisieren. Und hat es geschafft, einen großen Unterschied zu bewirken. Ja, es werden nicht null Sportstunden gekürzt. Aber es werden auch nicht 14 Sportstunden gekürzt. Mehr als die Hälfte des Stundenkontingents konnte gerettet werden. Mehr als die Hälfte des Stundenkontingents haben die Unterstützerinnen und Unterstützer erfolgreich verteidigen können. Zählt das nichts? Wer so argumentiert, der trägt aus meiner Sicht nicht nur zu Verdruss und Resignation bei. Er macht sich selbst auch kleiner, als er ist und misst den 30.000 Unterstützerinnen und Unterstützern keine Stimme bei. Kein Erolg, weil es nicht 100prozentig so geworden ist, wie wir es wollten? Hm.
Ich war im Sportunterricht eher eine Niete. Aber ich hatte eine tolle Sportlehrerin, Frau Fischer. Wenn ich mal wieder wie ein Kartoffelsack an der Kletterstange hin und unter den Blicken meiner 25 Mitschüler mit mega Aufwand tatsächlich zwei Meter nach oben geschafft hatte, dann hat sie das anerkannt. „Gut Sabine, noch lange nicht oben, aber weiter oben als vorher. Gut!“ Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie nicht gesagt hat, meine zwei Meter seien nichts wert.
Betrachtet man den Umgang nach Abgabe der Petition an den entsprechenden Ausschuss des sächsischen Landtages muss ein reinweg schwarzes und damit negatives Bild gezeichnet werden. Über 292 Tage (!!!) werden keinerlei Informationen zum Bearbeitungsstand an die Petenten weiter gegeben, richtet sich keine Einladung des Petitionsausschusses an die Sportlehrkräfte, gibt es keine weiteren Nachfragen an den Sportlehrerverband oder andere Gremien, die eine intensive Auseinandersetzung mit den ganz konkreten Inhalten zum Ansuchen der Sportlehrkräfte hätten zum Ausdruck bringen können.
Wieso igelt sich hier der Ausschuss und damit stellvertretend die Landesregierung und die Parteien der Opposition ein? Für die 30.000 „Außenstehenden“ und Petenten werden damit zum wiederholten Male beschlossene Tatsachen geschaffen, die so nicht nachvollzogen werden können. Hier ist unseres Erachtens die Wurzel einer Debatten- und Politikverdrossenheit zu suchen. Die in unserer Stellungnahme vorgebrachte Enttäuschung über ein derartiges Vorgehen ist direkte Folge daraus – und nicht der Grundstein für weiteren Verdruss. Dies spiegeln auch die unzähligen Rückmeldungen unserer Unterzeichner wieder, die sich für das weitere Engagement und Nichtnachgeben in dieser wichtigen Sache bedanken.
Dass die Fraktionen weiterhin das Gespräch mit dem Verband gesucht haben ist so nicht haltbar. Es wurden weder konkrete Anfragen an den Sportlehrerverband gestellt, noch gab es Treffen auf Arbeitsebene die sich mit dem Gegenstand der Petition auseinandergesetzt haben. Seitens des SMK gab es keine konkreten Gesprächsangebote die eine Aufarbeitung des Petitionsanliegens zum Gegenstand hatten.
Man sollte zudem die Expertengruppe „AG zum Sport im Ganztag“ mit dem Landessportbund Sachsen nicht mit den Forderungen des Sportlehrerverbandes gleichsetzen. Das bis heute aus diesem Arbeitskreis keine konkreten Maßnahmen oder Positionen hervorgegangen sind, ist dabei ein weiteres Zeichen für den realitätsfernen Lösungsansatz, über den außerunterrichtlichen Sport eine ansatzweise flächendeckende Bewegungskultur an den Schulen zu stärken oder gar auszubauen. Zudem sieht sich der LSB zunehmender Kritik aus den eigenen Vereinsreihen ausgesetzt, da mit den avisierten Fördergeldern für die GT-Angebote ein Parallelangebot für Übungsleiter und ehrenamtlich Tätige aus den Vereinen geschaffen wird.
Wenn man seine eigene Arbeit im Ausschuss in dieser, nach unserer Sicht, vollkommen richtigen selbstkritischen Weise beurteilt, sollte man dann auch den entscheidenden nächsten Schritt gehen und sich nicht den Regularien „ohnmächtig“ ergeben. Dies sollte Ihnen als Obfrau des sächsischen Petitionsausschusses eigentlich ein besonderes Anliegen sein.
Im Petitionsverfahren wären viele weitere denkbare Lösungen vorhanden gewesen (bspw. eine Berücksichtigung – eine Erwägung oder die Veranlassung bestimmter Maßnahmen). Der Ausschuss entscheidet sich aber für die Ultima Ratio und bescheidet ihr die Nicht-Abhilfefähigkeit. Das ist kein Angebot zu einem demokratischen Dialog. Das ist ein Zuschlagen der Haustür.
Eine Kürzung bleibt eine Kürzung, auch wenn sie durch den beharrlichen Einsatz unserer Sportkolleginnen und Sportkollegen sowie der vielen Unterzeichnern geschmälert wurde. Ein Erfolg in der Sache lässt sich aus unserer Sicht nicht auf die Wiedergabe von Stundenzahlen reduzieren. Zumal wir nicht die „Hälfte des Stundenkontingents“ gerettet haben, sondern effektive Bewegungszeit verloren haben.
Es geht nicht darum die ehrenamtliche Arbeit des Sportlehrerverbandes klein oder groß zu machen. Ob dem so ist, entscheiden unsere Mitglieder, Unterzeichner, Kritiker und Kolleginnen und Kollegen.
[…] Ignoranz als politische Arbeit gewertet werden kann, dann sehr viel. Ansonsten NICHTS. Lest hier auf der Seite des DSLV Sachsen nach, wie Bildungspolitik in Sachsen gemacht wird. Parallelen zu Sachsen-Anhalt gefunden? Leider […]